Vogelkunde

Vögel füttern im Garten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter

Tipps vom Experten zu Futter, Futterstellen und Vogelfütterung

Von Dr. Einhard Bezzel

Wenn der Winter Einzug hält, hat Vögel füttern Konjunktur. Das ist gut so, denn es hilft Meisen, Buchfink oder Grünfink über die kalte Jahreszeit. Was kann man den gefiederten Gästen anbieten? Muss man Regeln beachten, um Gefahren zu vermeiden? Darf man Vögel auch im Frühling oder Sommer füttern? Die Futterstelle im Garten oder auf dem Balkon bietet spannende Naturbeobachtung aus nächster Nähe.

Kohlmeisen sind meist die treuesten Futtergäste

Inhaltsverzeichnis

Vogelfütterung das ganze Jahr

Immer mehr Vögel werden von menschlichen Siedlungen eingeholt und verlieren durch Flächenfraß und intensive Bodennutzung durch eine industrialisierte Landwirtschaft die Grundlagen ihrer Ernährung. Auch sorgfältig gepflegte Gärten mit gestutzten Thujenhecken und geschorenem Rasen bieten Vögeln wenig Nahrung, ebenso ständig beschnittene Rabatten und gestutzte Bäume oder übervölkerte Grünanlagen in den Städten. Vogelfütterung das ganz Jahr über kann daher helfen und wird von Fachleuten dringend empfohlen. Dass Vogelfüttern im Sommer den Vögeln schaden soll, ist jedenfalls ein weit verbreiteter Irrtum. Gerade im Hochsommer tritt für viele Vögel in der Stadt und dicht geschlossenen Siedlungen ein Engpass ein, wenn Früchte und Samen der „Grünpflege“ zum Opfer gefallen sind und auch Insekten rar werden. Eine gut bestückte und sachgerecht Fütterung wird das ganz Jahr besucht, bedarf allerdings der ständigen Kontrolle und auch gewissenhafter Pflege.

Ausgerechnet bei starker Kälte oder ergiebigem Schneefall kommen oft keine Vögel an die Futterstelle. Das muss keine Alarmzeichen sein, denn unter solchen Wetterbedingungen müssen Vögel sorgfältig mit Energie haushalten. An einem geschützten Platz sitzen zu bleiben und weniger Energie als durch Herumfliegen und Suche nach einer Futterstelle zu verbrauchen, kann kurzfristig die bessere Lösung sein. Manche Futterstellen werden auch deshalb lange nicht entdeckt, weil in der Umgebung gutes Angebot besteht. Der Zufall spielt also eine große Rolle. Ist der Futterplatz aber erst einmal entdeckt und erweist er sich als ergiebig, wird er bei geeigneter Lage und sinnvoller Einrichtung dann auch meistens regelmäßig besucht.

Futterstelle am sicheren Ort

Qualität und Wirksamkeit einer Futterstelle beginnt bei der Auswahl des Standorts. Futterstellen können nah am Haus vor dem Fenster angebracht werden, natürlich auch in Gärten oder auf dem Balkon. Aber wichtig sind Bäume oder Büsche in der Nähe, von denen aus die Fütterung auf kurzem Weg anzufliegen ist und die auch bei Gefahr (z.B. Sperberattacke) raschen Rückzug in eine Deckung erlauben. Nahe an Hausfronten ist auch auf Glasscheiben zu achten, an denen sich Vögel zu Tode fliegen können. Ein Futterplatz unmittelbar vor dem Fenster birgt diese Gefahr nicht, da der Anflugweg dann nur kurz ist und ein heftiger Aufprall vermieden wird.

Die unmittelbare Umgebung des Futterplatzes sollte übersichtlich sein, damit sich nicht unbemerkt Katzen anschleichen können. Futtergeräte und Futtertafeln sollten der Katzen wegen auch deutlich mehr als etwa 1 m über dem Boden stehen. Manchmal wird es auch nötig sein, einen Sperrgürtel aus nach unten gerichteten Stahlstäben am Standbein des Futterbretts anzubringen, der jedoch das Hochklettern von Mäusen nicht verhindern kann. Äste von Bäumen und kräftigen Büschen eignen sich hervorragend zum Aufhängen von Futtergeräten, die allerdings nicht immer von allen gefiederten Interessenten erreichbar sind. Auf der Balkonbrüstung lässt sich gut eine Futterstelle einrichten, wenn Bäume nicht zu weit entfernt sind und Mitbewohner des Hauses sich dadurch nicht belästigt fühlen. Eine gute Sicht auf die Futterstelle ist Voraussetzung für genussreiches Vogelbeobachten. Füttern auf dem Fenstersims bringt Vögel ganz nahe, kann aber je nach Lichteinfall durch die sich in der Wohnung bewegenden Personen häufig gestört werden.

Vogelhäuschen, Futtersilo und Meisenknödel

Das Futter sollte nicht von Regen und Schnee durchnässt werden. Auch könnte es gefährlich werden, wenn Vögel im ausgebrachten Futter umherlaufen, da dann Übertragung von Vogelkrankheiten nicht auszuschließen ist. Die berüchtigte Vogelgrippe hat allerdings nichts mit der Fütterung von Gartenvögeln zu tun. Aber Salmonellosen oder Trichomonaden-Infektion sind z.B. bei Finkenvögeln auch schon großräumig registriert worden.

Futter sollte man daher nicht einfach auf den Boden streuen. Das lockt übrigens auch Ratten und Mäuse sowie in der Stadt die ungeliebten Straßentauben an. Überdachung der Futterstelle in Form des klassischen Vogelhäuschen sichert Futter vor Wind und Wetter, kann aber je nach Konstruktion seitlich eindringenden Regen und Schnee nicht immer verhindern und gefiederte Besucher davon abhalten, auf der Futtertafel herum zu spazieren und Kot abzusetzen. Reinigung der Futterstelle ist daher von Zeit zu Zeit angebracht.

Eine grundsätzliche Lösung bieten Futtersilos, die Futter in kleinen Portionen nachrutschen lassen. Dies kann bereits durch einfache Schrägen im Futterhaus erreicht werden, über die das eingefüllte Futter aus schmalen Schlitzen oder kleinen Öffnungen je nach Bedarf auf eine schmale Futterrinne je nach Bedarf nach außen rutschen kann. Der größte Teil des Futterhäuschens ist also geschlossen, das Standbrettchen bietet nur Anflugmöglichkeiten.

Eleganter sind moderne Futterspender, aus denen die Vögel in kleinen Öffnungen Futter entnehmen können. Es gibt sie in unterschiedlicher Ausführung im Handel als Plastik- oder Maschendrahtröhre. Sie brauchen nicht in kürzeren Abständen gereinigt zu werden. Allerdings muss man offene Futterspender aus Draht oder Plastik wettergeschützt anbringen. In Großstädten halten klug konstruierte Geräte auch Straßentauben ab.

Grünfink an einem modernen Futterspender mit handelsüblichem Mischfutter. Foto: Hans-Joachim Fünfstück

Für Meisen, aber auch Kleiber, Baumläufer oder Buntspechte sind frei hängende Meisenknödel oder Fettfuttergemisch in aufgehängten, nach unten offenen Behältern ein hervorragendes Angebot, das auch durch zahlreiche gefiederte Besucher nicht verschmutzt werden kann. Gewarnt wird lediglich vor handelsüblichen Meisenknödeln in feinen Plastiknetzen, da sich Kleinvögel darin verheddern können.

Schwanzmeise an einem Meisenknödel. In handelsüblichen Plastiknetzen könnten sich kleine Vögel mit dem Fuß verheddern. Foto: Hans-Joachim Fünfstück

Speisezettel für Vögel

Grundfutter für Körnerfresser, wie Sperlinge, Finkenvögel und mindestens im WinterhalbjahrMeisen, Kleiber, Baumläufer ist handelsübliches Mischfutter aus Sonnenblumenkern und kleineren Samenkörnern. Wenn einige Rosinen oder getrocknete Beeren darunter gemischt sind, haben auch so genannte Weichfresser, wie Amsel, Wacholderdrossel, Rotkehlchen, Heckenbraunelle oder Zaunkönig etwas davon. Solche Futtermischungen werden von offenen Kleinmengen bis zu großen Säcken im Fachhandel angeboten; auch Baumärkte und Gartenzentren haben zumindest ab Herbst Streufutter für Gartenvögel vorrätig. Weichfressern kann man zusätzliche Rosinen, frisches oder getrocknetes Obst, Haferflocken, getrocknete Beeren und Kleie anbieten, bevorzugt in Bodennähe. Man muss aber drauf achten, dass dieses Futter nicht verdirbt. Energiereiches Futter sind Nüsse unterschiedlicher Art, etwa Erdnüsse oder zerkleinerte Hasel- und Walnüsse. Solche hochwertigen Futtermittel sollte man vor allem in Futterspendern anbieten, die ein Durchnässen verhindern und sorgfältige Nutzung durch jeweils einzelne Futtergäste versprechen.

Ein energiereiches Fettfuttergemisch kann man auch selbst herstellen. In geschmolzenen Rindertalg wird Körnerfutter eingebracht und das Gemisch in einen Blumentopf, eine Dose oder ein anderes wetterfestes Gefäß gegossen, das man frei schwingend aufhängt, an einem Ast oder auch an der Wand eines Schuppens anbringt. Man kann damit auch einen Spalt oder eine Höhlung ausgießen.

Buntspecht an einem mit Fettfuttergemisch ausgegossenen Stammspalt. Foto: Hans-Joachim Fünfstück

Eine flache Schale mit Trinkwasser und als Badegelegenheit sollte nicht vergessen werden. Wenn sie bei Kälte zufriert, verlockt sie Vögel nicht zu einem möglicherweise das Gefieder vereisendem Bad. Flache Wasserpfützen werden aber das ganz Jahr über gerne als Trinkquelle und Gelegenheit zur Gefiederpflege angenommen. Man muss allerdings regelmäßig dafür sorgen, dass die Wasserstelle sauber bleibt.

Vorsicht mit „Biomüll“

Essensreste und Küchenabfälle sind kein Vogelfutter. Auch gesalzener Speck oder Salzkartoffeln sind ungeeignet. Mit Brot sollte man vorsichtig sein, denn es quillt im Magen der Vögel auf und verdirbt auch schnell.

Das gilt auch für Enten und Schwäne, deren Fütterung mit Weißbrot und Brotreste sich großer Beliebtheit erfreut. Sie dauernd mit Brot zu füttern, schadet ihnen in mehrfacher Hinsicht. Trockenes Weißbrot quillt beim Trinken besonders rasch in der Speiseröhre und im Magen auf und stört die Nahrungsaufnahme. Herumliegendes Brot am Ufer kann wie gestreutes Futter für Singvögel Infektionen verbreiten, wenn kranke Vögel davon fressen und Verschmutzung mit Kot eintritt. Ständige Fütterungen von Wasservögeln führen auch zu Konzentrationen von halbzahmen Gänsen, oft Nachkommen von Gefangenschaftsvögeln aus fremden Gebieten, die sich mancherorts stark vermehrt haben. Ganz allgemein fördern hohe Wasservogelmengen an Futterstellen die Verschmutzung von Gewässern. Sie kann dazu führen, dass durch starken Nähstoffeintrag die natürliche Flora und Fauna unter Wasser verarmt oder gar abstirbt und dann Enten oder Blässhühnern keine artgemäße Ernährung mehr möglich ist. Wenn Kommunalverwaltungen Füttern von Wasservögeln an bestimmten Stellen verbieten, ist das also durchaus sinnvoll und sollte trotz aller Tierliebe beachtet werden.

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Über den Autor

Dr. Einhard Bezzel war 33 Jahre Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen, von 1971-1997 verantwortlicher Redakteur des „Journal für Ornithologie“ sowie von 1996-2007 Chefredakteur von „Der Falke – Journal für Vogelbeobachtung“. Seit 1955 ist er Mitglied (seit 2002 Ehrenmitglied) der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft. Bezzel ist Autor mehrerer ornithologischer Standardwerke und populärer Natur- und Vogelbücher sowie von über 500 Beiträgen über Vögel, Natur und Naturschutz in Fachzeitschriften.

Schlagwörter:

Vögelfüttern, Vogelfutter, Vögel, Futter, Futtersilo, Meisenknödel, Vogelbeobachtung, Vogelhaus, Futterhäuschen, Vogelfütterung, Winterfütterung

Ein Gedanke zu „Vögel füttern im Garten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter“

  1. Ulrich Engelke sagt:

    Lieber Quelle & Meyer Verlag,
    erst einmal ein dickes Lob für diesen spannenden und informativen Artikel an den Autor und ein großes DANKE für diesen neuen Blog und Euer Engagement für die Natur.
    Alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

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